Thermomanagement in elektrifizierten Fahrzeugen optimieren

Höheres Entwicklungstempo durch die Verknüpfung von Simulation und Test am ThermoLab-Prüfstand

Ein effizientes Thermomanagement gehört als integraler Bestandteil des Energiemanagements zu den zentralen Anforderungen der heutigen und zukünftigen Antriebsentwicklung – beim Verbrennungsmotor aufgrund strenger werdender Abgasgesetzbungen, beim elektrifizierten Antrieb, um die Batterieperformance zu verbessern und höhere Reichweiten zu erzielen.

Diese Anforderung gilt für Hybrid-Elektrofahrzeuge (HEVs), Batterie-Elektrofahrzeuge (BEVs) und Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen (FCEVs) gleichermaßen. Wie lässt sich die Entwicklung effizienter Thermomanagementsysteme mit einem ganzheitlichen Entwicklungsansatz unterstützen, um Energiemanagementsysteme zielgerichtet auszulegen? Dazu referiert Luis Vincent Fiore, M. Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Fahrzeugantriebe (VKM) an der TU Darmstadt, im Rahmen des 24. Internationalen VDI-Kongresses Dritev.
 

Von der Straße auf den Prüfstand

Das Institut, das rund um die Antriebstechnik im Fahrzeug schon immer breit aufgestellt war, hat den Bereich Thermomanagement als einen zentralen Zukunftsschwerpunkt identifiziert, sagt Luis Fiore: „Im elektrifizierten Antrieb ebenso wie beim Brennstoffzellenantrieb haben wir es mit einer hohen Systemkomplexität zu tun. Damit wächst zugleich die Bedeutung des Thermomanagements.“ Um der Komplexität und den spezifischen Anforderungen während des Entwicklungsprozesses gerecht zu werden, will das Institut mit dem ThermoLab als Hardware-in-the-Loop Prüfstand (HiL) frühzeitig Tests von der Straße auf den Prüfstand holen.
 

Frühzeitige Absicherung im Entwicklungsprozess

Der Grund: Die Temperatursensibilität der Antriebsstrangkomponenten erfordert eine frühzeitige Entwicklung und Absicherung thermischer Betriebsstrategien, um hohe Effizienzen zu gewährleisten und Alterungseffekte zu minimieren. Eine optimale thermische Konditionierung der Antriebsstrangkomponenten kann durch eine situationsbezogene, bidirektionale Wärmeübertragung zwischen Komponenten erreicht werden. Für die Erprobung und Entwicklung thermischer Betriebsstrategien müssen alle Komponenten und die thermischen Randbedingungen auf einen HiL-fähigen, thermohydraulischen Prüfstand wie den ThermoLab-Prüfstand des VKM übertragen werden. Komponenten die zunächst noch nicht als Hardware vorliegen, müssen emuliert werden.
 

Weniger Aufwand – exaktere Resultate

Um die verschiedenen Anforderungen und das Batterieverhalten in einem Prototypenfahrzeug abzubilden, hat das Darmstädter Institut die modellbasierte Emulation entwickelt. Mit diesem Ansatz verbinden die Darmstädter Wissenschaftler das Ziel, den Aufwand im frühen Entwicklungsprozess so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig die Qualität der Entwicklungsergebnisse zu verbessern. Die Resultate wiederum dienen dazu, frühzeitig Rückschlüsse für das gesamte Energiemanagement ziehen zu können.

„Für den Fortschritt des Gesamtprojektes ist es essenziell, die Entwicklungsergebnisse zum Thermomanagement bereits in einer sehr früheren Phase abzusichern. Wir sind überzeugt, dass das ThermoLab wesentlich dazu beitragen kann“, sagt Luis Fiore weiter. Dabei ist die Methodik gleichermaßen auf die verschiedenen Phasen im Entwicklungszyklus anwendbar – beispielsweise von der Auslegung eines Kühlkreislaufs über das effektive Regelungsverhalten bei verschiedenen Temperaturen bis hin als Drittes zur systemischen Ebene: Wie ist der Kühlkreislauf grundsätzlich konzeptioniert, wie ist dieser hinsichtlich seiner Dimensionierung und Auslegung abzusichern? Welche Kühlmittelpumpe ist notwendig, wie sollte sie dimensioniert sein, welche thermodynamischen  Randbedingungen und Wechselwirkungen sind im System zu erwarten? Diese und weitere Fragen sollten möglichst frühzeitig im Entwicklungsprozess geklärt werden.
 

Aufwand zur Validierung reduzieren

Mit ihrem ganzheitlichen methodischen Ansatz verbinden die Wissenschaftler eine zentrale Erwartung: „Aufgrund der Verbindung von Simulation und Test besteht deutlich weniger Aufwand zur Validierung, wenn der Prototyp des Fahrzeugs aufgebaut wird. In diesem Fall ist das System lediglich noch einmal zu kalibrieren, um die vorherigen Annahmen nochmals zu bestätigen – das reduziert erheblich Zeit und Aufwand im Entwicklungsprozess“, führt Luis Fiore weiter aus.

Zusätzlich zum Effizienzgewinn sei es auch möglich, in deutlich kürzerer Zeit verschiedene Konzepte und Systemvariationen zu testen und so die geeignete Lösung zu identifizieren. So lassen sich beispielsweise Emulatoren so skalieren, dass sie verschiedene Batterien am ThermoLab thermohydraulisch abbilden können. Im Umkehrschluss lässt sich der Entwicklungsprozess zielgerichteter etwa auf die gewünschte Reichweite X auslegen. Dadurch wird es möglich, Batterien optimal zu dimensionieren – mit allen damit verbundenen Vorteilen von geringeren Kosten bis zum optimierten CO2-Footprint.

Noch anspruchsvoller ist das Thermomanagement für Brennstoffzellenfahrzeuge, da aufgrund der niedrigen Abgastemperaturen die Wärme hauptsächlich über das Kühlsystem abzuführen ist und zur Gewährleistung der Kaltstartfähigkeit dem Thermomanagement eine betriebsrelevante Überwachungsfunktion zukommt. Hier wird es somit umso wichtiger sein, frühzeitig in der Entwicklung die geeignete Dimensionierung der Kühlkomponenten abzusichern.
 

Laufender Datenabgleich

Luis Fiore erklärt weiter: „Zur Dritev werden wir zeigen, wie wir die Entwicklung eines hoch effizienten Thermomanagement-Systems für ein Prototypenfahrzeug mit unserer Entwicklungsmethodik am ThermoLab vorgenommen haben.“ Dabei erfolgt durch eine echtzeitfähige Co-Simulation laufend ein Abgleich zwischen der Simulation und den Hardwarekomponenten auf dem Prüfstand. „Der ganzheitliche Ansatz – durch die Verknüpfung von Simulation und Test und die simulationsgestützte thermohydraulische Emulation von Antriebskomponenten am realen Prüfstandsaufbau – bedeutet einen enormen Tempogewinn, von dem zukünftige Serienentwicklungsprojekte profitieren könnten.“

Quelle: TU Darmstadt

Bei der Dritev referiert Luis Vincent Fiore, M. Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Fahrzeugantriebe (VKM) an der TU Darmstadt, über einen ganzheitlichen Entwicklungsansatz für effiziente Thermomanagementsysteme.