„Dritev ist als Technologiekongress heute besonders wertvoll“

CLEPA plädiert für Technologieoffenheit und realistische Zeitpläne bei der Transformation der Mobilität.

Das gemeinsame Ziel – die beschleunigte Dekarbonisierung der Mobilität – ist unstrittig. Über den Weg dorthin lohnt es sich, miteinander zu diskutieren. Diese Position vertritt Matthias Zink, CEO Automotive Technologies der Schaeffler AG, Präsident des Automobil-Zuliefererverbandes CLEPA und Keynote-Sprecher beim 24. Internationalen VDI-Kongress Dritev: „Für die Transformation der Mobilität benötigen wir Innovation, Technologieoffenheit und die Nutzung aller möglichen Ideen. Das verleiht der Dritev als technologiegetriebenem Kongress ein neues Maß an Bedeutung, wenn ich beispielsweise an die zukünftige technische Ausstattung von Getrieben sowie an unterschiedliche Antriebskonzepte denke.“

Matthias Zink, der im Januar 2024 die neue Aufgabe als CLEPA-Präsident übernommen hat, unterstreicht eines ganz deutlich: „Bei der Diskussion und dem Wunsch nach mehr Technologieoffenheit geht es nicht um eine Abkehr von der Elektromobilität. Ganz im Gegenteil, die Elektrifizierung des Antriebs wird in Zukunft zweifelsohne von zentralem Stellenwert sein.“ Dazu sei allerdings auch eine zielführende, realistische Roadmap notwendig, was etwa den weiteren Ausbau der erforderlichen Infrastruktur betrifft.
 

Hybridantriebe haben noch viel Zukunft

Gleichzeitig erwartet Matthias Zink, dass effiziente Verbrennungsmotoren – erst recht im globalen Kontext – noch eine lange Zukunft vor sich haben werde. „Ich beobachte, dass auch in der Politik wieder mehr Raum für Technologieoffenheit entsteht, insbesondere Hybridantriebe werden eine ganz wesentliche Rolle in den kommenden Jahren spielen. Die Dritev bildet den perfekten Rahmen, um über die verschiedenen Technologien zu diskutieren.“
 

Paradiesische Zeiten für Ingenieure

Bei der Gestaltung der Mobilität von morgen beobachtet Matthias Zink indes ein deutlich höheres Innovationstempo in den USA und in Asien. „In dieser Hinsicht haben wir in Europa aufzuholen und sollten uns auch wieder selbstbewusster Lösungen wie Wasserstoff oder hybriden Antriebskonzepten zuwenden.“ Expertise und Erfahrung der europäischen Industrie bilden dabei in seinen Augen zentrale Stärken, in den kommenden Jahren sieht er regelrecht „paradiesische Zeiten“ für Ingenieure anbrechen: „Beim Hybrid ebenso wie bei E-Antrieben geht es um Entwicklungen auf höchstem Niveau. Dabei wird um jeden Zentimeter weniger Bauraum, um jeden Kilometer zusätzliche Reichweite gefochten – dies macht Mut, dass technologische Stärke wieder stärker in den Fokus rückt.“

Gerade in Sachen Elektromobilität sei der technologische Wettlauf noch nicht entschieden, so Matthias Zink weiter: „Ob Weiterentwicklung der Batterieperformance, Optimierung von Reichweiten und Ladezeiten, ob Mittelmotortechnik, Weiterentwicklung der Getriebetechnik in Hybridfahrzeugen, Thermomanagement – wir haben es eher mit mehr technologischen Herausforderungen als weniger zu tun.“
 

Gefragt sind erschwingliche E-Fahrzeuge

Gleichzeitig sei nicht zu verhehlen, dass der Absatz von Elektrofahrzeugen in Europa weiterhin enttäuscht. Die Gründe dafür sind nach Worten des Branchenkenners vielfältig: die unzureichende Ladeinfrastruktur, eine fehlende europäische Batterielieferkette, die begrenzte Reichweite von E-Fahrzeugen, die geringe Anzahl von Werkstätten, die auf den Verkauf von E-Fahrzeugen vorbereitet sind. „Ganz zu schweigen von den hohen Kosten, die Verbraucher für ein Elektroauto aufbringen müssen, während der Wiederverkaufswert stark sinkt. Erschwingliche Elektrofahrzeuge sind der Schlüssel für den Mobilitätswandel und die Dekarbonisierung in Europa“, macht Matthias Zink weiter deutlich und unterstreicht: „Die EU-Automobilindustrie wird sich beeilen müssen, um nicht von dieser entscheidenden Geschäftsmöglichkeit abgeschnitten zu werden.“
 

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation

Damit die ökologische Transformation der Mobilität gelingen kann, sieht der CLEPA-Präsident Handlungsbedarf gleich in mehreren Feldern: Es braucht einen schnelleren Ausbau der Lade- und Betankungsinfrastruktur sowie bezahlbaren grünen Wasserstoff, Strom und Kraftstoffe. Öffentliche Unterstützung wird entscheidend sein, um Investitionen in grüne und digitale Technologien zu ermöglichen. Der regulatorische und bürokratische Aufwand sollte verringert werden, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Verordnungen und politische Maßnahmen sollten gestrafft werden und der Realität der Branche Rechnung tragen, damit die Unternehmen sie umsetzen können. Matthias Zink weiter: „Nicht zuletzt müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie die KMU von der Umstellung betroffen sind und wie wir sie in die Lage versetzen können, diese zu bewältigen.“

Zudem ist es dem langjährigen Branchen-Insider wichtig zu unterstreichen, wie viel die europäische Industrie bereits erreicht habe. Schließlich geht es beim Ziel der Klimaneutralität nicht allein um die Nutzung der Fahrzeuge, sondern auch um ihre Herstellung: CLEPA-Untersuchungen zeigen, dass die Unternehmen der Branche ihre CO2-Emissionen in 2022 um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr reduziert haben. Die Nutzung erneuerbarer Energien hat 43 Prozent erreicht. Fast alle Produktionsabfälle werden recycelt. Die Unternehmen setzen Strategien ein, um den Wasserverbrauch von der Produktion abzukoppeln.
 

CLEPA entwickelt sich weiter

Themen der Nachhaltigkeit wie Circular Economy und Wiederverwendung werden indes in Zukunft noch wichtiger werden, so Zink weiter: Die CLEPA wolle dazu wichtige Diskussionsimpulse leisten und sich mit neuen Themenfeldern modernisieren. „Als Zuliefererverband wollen wir entscheidend die Technologieentwicklung vorantreiben und Themen wie Batterie und Wasserstofftechnik in unsere Betrachtungen aufnehmen. Dazu gehört es auch, den Mitgliederkreis zu öffnen und um weitere Kompetenzen zu erweitern.“
 

Realistischen Stufenplan entwickeln

Abschließend unterstreicht Matthias Zink die hohe Bereitschaft der CLEPA, den Wandel der Automobilindustrie mitzugestalten: „In jüngsten Gesprächen habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Politik die Stimmen der Branche zur erfolgreichen Gestaltung der Transformation hört und vermehrt darauf eingeht. Genau diesen Dialog, wie ein realisierbarer Stufenplan zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele aussehen kann, wollen wir als CLEPA intensiver führen.“

Quelle: Schaeffler AG

Matthias Zink ist CEO Automotive Technologies bei der Schaeffler AG und seit Januar 2024 Präsident des Automobil-Zuliefererverbandes CLEPA. Bei seiner Keynote auf der Dritev präsentiert er seine erste Zwischenbilanz nach 163 Tagen im Amt.