Wärmepumpen: ein wichtiger Bestandteil klimaneutraler Wärmeversorgung
Als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Steinbeis-Innovationszentrum energieplus ist Frau Bockelmann für Forschungsprojekte in den Bereichen oberflächennahe Geothermie und Wärmepumpen sowie Monitoring und Optimierung von Gebäuden und Anlagen mit regenerativer Energieversorgung verantwortlich. Im Interview erläutert sie, warum Wärmepumpen ein wichtiger Bestandteil einer klimaneutralen Wärmeversorgung sind.
Frau Bockelmann, in welchen Bereichen können Wärmepumpen eingesetzt werden?
Franziska Bockelmann: Für eine lange Zeit war der Einsatz von Wärmepumpen und die Kombination mit oberflächennaher Geothermie nur eine Option für die Beheizung von Einzelgebäuden im kleinen Leistungsbereich – Einfamilienhäuser oder auch schon gut gedämmte Mehrfamilienhäuser. Heutzutage sind der Integration von Wärmepumpen kaum noch Grenzen gesetzt. Wärmepumpen können im Rahmen von Einzellösungen im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau, aber auch in der Industrie und im Gewerbe ihren Einsatz finden. Die Einbindung ist in eine multivalente Versorgung mit Wärme (Raumheizung und Trinkwarmwasser) sowie Kälte in allen Arten von Gebäuden, u.a. auch mit Großwärmepumpen bis zum Megawattbereich, umsetzbar. Und in Wohnquartieren (Quartiersversorgung) nutzen dezentral betriebene Wärmepumpen das kalte Nahwärmenetz und spielen somit eine immer größere Rolle.
Attraktive Einzellösungen sind zudem die Erwärmung von Schwimmbädern und Pools, aber auch die Kühlung von Schaltschränken und Lagermöglichkeiten für Lebensmittel (Kühl- und Gefrierschrank) werden mittels Wärmepumpe realisiert.
Des Weiteren können Temperaturniveaus von bis zu 130°C (Sonderanfertigungen der Wärmepumpen) auf der Senkenseite (Vorlauftemperatur des Verbrauchers) versorgt werden. Je höher das Temperaturniveau wird, desto mehr besteht die Herausforderung in der Umsetzung einer guten Wärmequelle und den zu erzielenden Arbeitszahlen.
Als weiteren Punkt ist aufzuführen, dass die Wärmepumpe bisher nur im Neubau dominiert hat und dort eingesetzt wurde. Der Einbau in alten Gebäuden wird als problematisch gesehen. Der Glaube, dass Wärmepumpen am besten nur in Häusern mit gut gedämmten Fassaden, Dächern und Fenstern, die über eine Fußbodenheizung verfügen gut funktionieren würden, ist leider noch in vielen Köpfen verankert. Die Nachrüstung ist auch in älteren Häusern möglich, allerdings mit hohen Kosten für die energetische Sanierung verbunden. Hierzu wurde vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) geprüft, wie gut oder schlecht Wärmepumpen in älteren Gebäuden in der Praxis funktionieren. Das Ergebnis zeigt, dass sich auch in weitgehend unsanierten Altbauten mit Wärmepumpen vernünftige Effizienzwerte erreichen lassen. Eine energetische Sanierung ist somit nicht zwingend eine Voraussetzung, sie sollte langfristig aber auch nicht vernachlässigt werden.
Mein Fazit: Wärmepumpen können überall eingesetzt werden, wo Wärme von einem niedrigen (Wärmequelle) auf ein höheres Temperaturniveau (Wärmesenke) transportiert werden soll. Je kleiner dabei die Temperaturdifferenz zwischen Wärmequelle und Wärmesenke ist, desto weniger elektrische Energie muss für den Transport aufgewendet werden, so dass die Wärmepumpe mit einer höheren Effizienz arbeitet.
Wärmepumpen sind ein wichtiger Bestandteil einer klimaneutralen Wärmeversorgung. Wie genau gestaltet sich hier ihre Rolle?
Franziska Bockelmann: Die Wärmepumpe ist ein hochwertiger und effizienter Wärmeerzeuger, der insbesondere für den Gebäudesektor und die Industrie sowie das Gewerbe eine Schlüsselrolle spielt und auch weiterspielen wird. Es ist bisher nicht erkennbar, dass andere gleichwertige, regenerative Erzeuger marktrelevant werden oder überhaupt auf dem Markt kommen. Wärmepumpen stellen aktuell das einzige System dar, welches wirklich mit erneuerbaren Energieträgern betrieben werden kann, insbesondere in der Kombination mit Photovoltaik zur Produktion und Deckung des Strombedarfs.
Die Umgestaltung der Erdgasnetze auf Wasserstoff wird nicht zeitnah kommen. Zudem wird der produzierte Wasserstoff eher in der Anwendung in der Mobilität und industriellen Bereich gesehen.
Wärmepumpen sind ein wesentlicher Hebel, um aus elektrischer Energie möglichst regenerative Wärme zu erzeugen. Die Rolle der Wärmepumpe steigt bzw. fällt mit ihrem Energieträger Strom, der durch die Wärmepumpe immer mehr an Bedeutung gewinnt. Für einen klimaneutralen Betrieb muss der Anteil an erneuerbaren Energien im Stromnetz steigen – Prognosen sind bisher sehr zielführend. Der Einsatz von Wärmepumpen wird dann auch aus ökologischer Sicht ein weiteres Zeichen in Richtung Zukunft setzen.
Warum ist die optimale Auslegung einer Wärmepumpe so essenziell und wie gelingt diese in einem Projekt?
Franziska Bockelmann: Eine perfekte Auslegung wird nie erreicht und kann auch nicht erzielt werden. Dies würde bedeuten, dass alle Randbedingungen stationär zu sehen und keine Varianz mehr vorhanden sein würde. Eine Planung kann noch so gut sein, getätigte Annahmen und Randbedingungen sind im Betrieb und der Praxis nie eins zu eins umsetzbar bzw. vorzufinden. Allein der Nutzer ist ein großes ungewisses Planungskriterium.
Das Planungsziel und die Auslegung müssen darauf ausgerichtet sein, einen definierten Bereich abzudecken, der die Varianzen der Nutzung und des Anwenders mit einbezieht. Dies kann nur gelingen, wenn im Vorfeld die Randbedingungen zielführend abgesteckt sowie die Ziele der Energieversorgung klar definiert werden. Von einer guten Auslegung kann dann gesprochen werden, wenn ein effizienter und wirtschaftlicher Betrieb der Wärmepumpe im Gesamtkonzept erzielt wird.
Der entscheidende Unterschied zwischen Wärmepumpe und verbrennungsbasierten Wärmeerzeugern ist die Temperatursensitivität der Wärmepumpe. Die Wärme über eine Wärmepumpe sollte immer möglichst nahe am Nutztemperaturniveau bereitgestellt werden. Ein weiterer relevanter Punkt ist die Nennleistung des Gerätes. Bei Gaskesseln wurde zum Beispiel etwas größer verbaut, damit auch genug Wärme erzeugt wird, bei Wärmepumpen dagegen sollte kein Leistungsaufschlag verwendet werden. Das Heizsystem arbeitet überwiegend in Teillast, da der Auslegungsfall (Normaußentemperatur) nur sehr selten eintritt. Moderne Wärmepumpen verfügen über invertergesteuerte Verdichter, mit denen sie ihre Heizleistung modulieren können.
Grundsätzlich sind Luft-Wasser-Wärmepumpen einfacher auszulegen und auch in der Genehmigungsphase ist nicht viel zu beachten wie etwa Schallemissionen oder Lärmschutzmaßnahmen. Zudem ist die Luft-Wasser-Wärmepumpe das System der Zukunft, da sie eine schnelle und einfache Lösung zur Umsetzung einer klimaneutralen Energieversorgung darstellt.
Geothermisch gekoppelte Wärmepumpen sind in der jährlichen Effizienz deutlich besser, haben aber längere und aufwendigere Planungsläufe. Sie sind auch hinsichtlich der Kosten deutlich teurer, da die Errichtung der Wärmequelle (z.B. Erdwärmesonden) mitberücksichtigt werden muss.
Des Weiteren ist bei der Planung und Umsetzung, insbesondere im Bestand, folgendes zu beachten:
- Umplanung des Hydraulik- und Leitungssystems
- Platzbedarf: zusätzlicher Pufferspeicher erforderlich sowie weitere Geräte (bei Luft-Wasser-Wärmepumpen Stellfläche im Außenbereich)
- Änderung/ Anpassung der Warmwasserbereitung
Generell ist festzuhalten, dass eine gute Auslegung mit einer rechtzeitigen Abstimmung und Definition der Randbedingungen beginnt (Zielsetzung) und diese im Baufortschritt auch angepasst und aktualisiert wird. Die Auslegung gibt vor, wie gut oder schlecht eine Wärmepumpe arbeitet und wie klimaneutral sie sein wird. Im Zuge dessen muss die Wärmepumpe an das geplante Temperaturniveau sowie an der Verfügbarkeit der Wärmequelle angepasst und danach ausgelegt werden. Die Auslegung der Wärmequelle spielt eine noch größere Rolle und ist essenzieller als die Wärmepumpe selbst.
Übrigens, oft wird der Fehler gemacht, den Betrieb mit den Angaben der Hersteller zu vergleichen. Der Vergleich ist allerdings nicht möglich, da es sich bei den Herstellerangaben um Betriebspunkte für definierte Randbedingungen handelt, welche auf dem Prüfstand ermittelt wurden. Im realen Betrieb sind die Vorlauf- und die Quelltemperaturen entsprechend höher bzw. niedriger, so dass sich die Performance der Wärmepumpe aus dem Kennlinienfeld ergibt. Zudem wird häufig auch nicht nur die Verdichterleistung im Betrieb erfasst, sondern auch der elektrische Verbrauch der Peripherie, was zu einer Reduktion der gemessenen Arbeitszahl führt. Für einen Vergleich sind die Bilanz- bzw. Betrachtungsgrenzen ausschlaggebend.
Welche Entwicklungen und Zukunftstrends gibt es bei Wärmepumpensystemen?
Franziska Bockelmann: Durch die aktuelle Energiekrise gewinnen die erneuerbaren Energien sowie die Wärmepumpe sehr stark an Bedeutung. Man könnte sagen, 2022 war das Jahr der Wärmepumpe. Der Absatz steigt seit 2019 jährlich um rund 30 Prozent. Künftig wird der Verkauf von rund 200.000 Geräten pro Jahr in Deutschland erwartet. In Neubaugebieten war die Wärmepumpe sogar schon vor der Energiekrise die Nummer eins als Versorgungssystem.
Neben der Versorgungskrise sorgt auch die Vorgabe der Bundesregierung zur Einhaltung eines Anteils von 65 Prozent an erneuerbarer Energie bei neuen Heizungen für einen positiven Schub, so dass auch Bestandsanlagen stetig auf Wärmepumpen umgerüstet werden.
Entwicklungen und Zukunftstrends werden gesehen im Ausbau und der Abdeckung der Einsatzgebiete der Wärmepumpe. Dies geht einher mit:
- Ausbau des Marktes für Großwärmepumpen (Leistungsbereiche); auch der Gebäudebestand bedarf höherer Leistungen und höhere Vorlauftemperaturen als der Neubau; Einsatzgebiet Quartiersversorgung.
- Abdeckung höherer Temperaturen für die Industrie und das Gewerbe.
- Schallemissionen: leisere Wärmepumpen (Luft-Wasser): Die Hersteller haben dieses Thema bereits erkannt und werben mit neuen, extrem leisen Geräten, jedoch noch nicht in allen Leistungsgrößen. Schallreduzierende Maßnahmen sind gefragt, um die Akzeptanz zu steigern.
- Weg hin zu Kältemitteln mit niedrigeren GWPs (Global Warming Potential). Insbesondere den nicht synthetischen (natürlichen) Kältemitteln kommt hier eine zentrale Rolle zu. Schon jetzt stellen Bauherren Anforderungen an natürliche Kältemittel für die Wärmepumpe.
- Datenzugriff, Anlagenüberwachung und Monitoring: Wie kann zukünftig dauerhaft und langfristig sichergestellt werden, dass ein effizienter und wirtschaftlicher Betrieb vorliegt? Wie kann ermittelt werden, ob eine Anlage über ungenutztes Potential verfügt oder auf eine zukünftige Unterdeckung hinsteuert? Wie können die Anforderungen an die Überwachung und ein modernes Online-Monitoring erfüllt werden?
Negative Entwicklungen, wie die Kürzung von Förderungen sowie steigende Anforderungen an Wärmepumpen, bremsen wiederum die Wärmepumpenindustrie und Versorgungskonzepte mit Wärmepumpen aus. Eine weitere Herausforderung stellt der Mangel an qualifizierten Fachkräften dar. Zum einen besteht ein deutlicher Handwerkermangel, so dass die gewünschten Wärmepumpen nicht zeitnah installiert werden können, zum anderen kennen sich immer noch viele Installateure nicht ausreichend mit der Installation von Wärmepumpen aus. Außerdem müssen auch Planer mehr zur Integration von Wärmepumpen, insbesondere mit der Quelle Geothermie geschult werden.