Philipp Dahl, freiberuflicher Trainer für das Thema Nachhaltigkeit

22.10.2021

Unternehmen und Nachhaltigkeit

Unser Experte Philipp Dahl stellt sich 5 Fragen zum Thema Nachhaltigkeit und beleuchtet, warum es dabei um viel mehr als das Klima geht, wie Unternehmen sich authentisch positionieren können und welche Neuerungen es im Bereich CSR-Berichtspflicht gibt.

1. Wenn aktuell über Nachhaltigkeit gesprochen wird, denken viele Personen direkt an den Klimaaspekt. Aber das Thema umfasst noch so viel mehr. Was sind für Sie die wichtigsten Säulen der Nachhaltigkeit?  

Nachhaltigkeit umfasst die ökologische, ökonomische und soziale Dimension. Heute ist man sich darüber einig, dass die verschiedenen Bereiche voneinander abhängen: keine Wirtschaft ohne Gesellschaft, keine Gesellschaft ohne eine gesunde Erde. Bei den ökologischen Themen wird aktuell viel über Klima gesprochen. Doch es gibt noch weitaus mehr ökologische Herausforderungen, um die wir uns dringend kümmern müssen – zum Beispiel um den Erhalt der biologischen Vielfalt. Auch die sozialen Themen gewinnen an Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund regulatorischer Anforderungen im Bereich der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht oder den gesellschaftlichen Diskurs um Vielfalt und Chancengerechtigkeit. Bei einer sorgfältigen Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit merkt man schnell, dass es fast zu allen Unternehmensbereichen eine inhaltliche Schnittstelle gibt.

2. Immer mehr Unternehmen versuchen, Nachhaltigkeit im eigenen Betrieb zu etablieren. Das gelingt mal mehr, mal weniger – Stichwort Greenwashing. Was kann man gegen Greenwashing tun und wie gelingt erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement im Unternehmen?  

Transparenz ist die Grundlage für eine glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation und ebenso für ein seriöses Management von Nachhaltigkeit. Über ein kontinuierliches Reporting, das wesentliche Themen abdeckt, gelangen Unternehmen zu einer Verortung der eigenen Nachhaltigkeitsleistung. Diese Selbstgewissheit ist enorm wichtig, um über strategische Fragestellungen nachzudenken, konkrete Ziele zu erarbeiten und diese mit angemessenen Maßnahmen zu hinterlegen. Das Reporting ist gleichzeitig ein Instrument, um die Strategieumsetzung zu überwachen und ein Nachweis dafür, dass es Unternehmen ernst meinen – gegenüber den eigenen Mitarbeitenden und externen Anspruchsgruppen.

3. Thema CSR-Berichtspflicht: Warum wird Nachhaltigkeitsmanagement und die Dokumentation gerade jetzt für eine große Zahl an kleinen und mittelständischen Unternehmen relevant? Was kommt da auf sie zu? 

Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) werden zukünftig noch mehr Unternehmen von einer sogenannten Berichtspflicht betroffen sein. Ab dem 1.1.2024 müssen Unternehmen ab einer bestimmten Größe (>250 Mitarbeitende; Bilanzsumme > 20 Mio. EUR oder Umsatz > 40 Mio. EUR) zu wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen berichten. Die genauen Anforderungen an das Berichtswesen werden in den Europäischen Berichtsstandards geregelt, die voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2022 erscheinen werden. Ziemlich sicher ist, dass betroffene Unternehmen u.a. über folgende Inhalte berichten müssen: Beschreibung des Geschäftsmodells und der Strategie – inkl. Resilienz gegenüber Nachhaltigkeitsrisiken und Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen; zentrale Kennzahlen und Managementkonzepte; Nachhaltigkeitsziele und deren Fortschritte. Dazu muss gesagt werden, dass die Inhalte im Lagebericht des Geschäftsberichts enthalten sein müssen. Damit einher geht die Pflicht zur externen Prüfung der Angaben. Unternehmen, die bereits einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen, haben eine gute inhaltliche Grundlage, auf der sie aufbauen können.

4. Wie hängen Mitarbeiter, ihre persönliche Entwicklung und Nachhaltigkeit zusammen? 

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen spielen eine große Rolle für nachhaltige Entwicklung. Schließlich sind sie es, die im Unternehmen Maßnahmen, Projekte und Nachhaltigkeitsprogramme umsetzen und im privaten Umfeld mit vielen Entscheidungen zu einer nachhaltigen Lebensweise beitragen können. Für Unternehmen ist es ratsam, ihre Mitarbeitenden einzubinden, sie zu hören und Know-how sinnvoll einzusetzen. Das kann zum Beispiel über Ideenwettbewerbe oder andere Innovationsformate geschehen. Auf diese Weise erfahren Mitarbeitende Wertschätzung, können Verantwortung übernehmen und an interessanten Themen arbeiten. Das beeinflusst die Mitarbeitermotivation und wirkt sich ebenfalls positiv auf das Employer Branding aus.

5. Was möchten Sie als Experte Unternehmen für die Zukunft mit auf den Weg geben? 

Bei Nachhaltigkeit geht es um Zukunftsfähigkeit. Nur Unternehmen, die den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise hinbekommen, werden auch zukünftig erfolgreich im Markt sein. Geschäftsmodelle und -prozesse sind zu hinterfragen und neu auszurichten. Dabei sollten sowohl mögliche Risiken als auch mögliche Chancen mitgedacht werden. Wer sich aufmacht, Nachhaltigkeit im Unternehmen zu verankern, sollte sich realistische und angemessene Ziele setzen und die Denkweise der „kontinuierlichen Verbesserung“ beherzigen. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist, dass die gesamte Organisation mitgenommen wird, das Top-Management ein klares Commitment ausspricht und notwendige Ressourcen bereitstellt. 

Über den Autor

Ein Interview mit Philipp Dahl, freiberuflicher Trainer für das Thema Nachhaltigkeit, berät als Partner der akzente kommunikation und beratung GmbH, München, führende deutsche Unternehmen und Marken zu Nachhaltigkeit – in Strategie, Management, Reporting und Kommunikation.