Wort "Resilient" aus Buchstaben zusammengelegt.

07.06.2021

Resilienz im Unternehmen stärken – Wettbewerbsfähigkeit verbessern

Kleine Ursache – teure Wirkung: Bereits zeitweise Störungen in der Produktion oder vermeintlich kleine Unterbrechungen in der Lieferkette können gravierende Folgen haben. Als vorbeugende Maßnahmen sollten Unternehmen ihre Resilienz stärken – ihre Fähigkeit, sich permanent an interne und externe Veränderungen anzupassen. „Die weitere Digitalisierung und Vernetzung der Produktion im Zuge von Industrie 4.0 und auch die Folgen der weltweiten Pandemie stellen nochmals erhöhte Anforderungen an die Resilienz von Unternehmen“, schildert Prof. Dr. rer. pol. Frank T. Piller, Institutsleiter, Technologie- und Innovationsmanagement der RWTH Aachen. Über neue digitale Geschäftsmodelle, die daraus erwachsen können, und das Zusammenspiel von Resilienz und Automation wird Prof. Piller im Rahmen seiner Keynote zum 22. VDI-Kongress AUTOMATION am 29. und 30. Juni 2021 sprechen.

Mit Künstlicher Intelligenz zu besseren Vorhersagen

Ein Schaden von mehreren hunderttausend Euro pro Stunde ist keine Seltenheit: Versagt ein Maschinenteil, drohen immense Folgen. Ein zugesetzter Filter, eine gebrochene Dichtung, ein geplatzter Hydraulikschlauch – schon steht eine komplette Anlage still. Derartige Störungen sind in der Produktion allgegenwärtig. Nicht zu vergessen sind aber auch externe Faktoren wie Unterbrechungen der Lieferkette, Stromausfälle oder Überlastung und Krankheiten von Mitarbeitern. „Das Thema Resilienz ist nicht brandneu, erfährt aktuell aber eine nochmals höhere Dynamik – aufgrund der aktuellen äußeren Umstände ebenso wie durch die technologischen Möglichkeiten, mögliche Störquellen besser vorhersehen und damit vermeiden zu können“, schildert Prof. Piller weiter: „Da Künstliche Intelligenz sehr gut geeignet ist, um Muster in großen Datenmengen zu erkennen, steht uns damit ein wirksames Werkzeug zur Verfügung, um die Resilienz in der Produktion sowie in komplexen Supply Chains zu verbessern.“
 

Die Möglichkeiten des Digitalen Zwillings nutzen

Das Sammeln und Analysieren von Daten betrifft nach Prof. Pillers Worten keineswegs nur die eigene Fertigung – sondern schließt insbesondere auch alle Risiken entlang der Wertschöpfungskette außerhalb des Unternehmens ein. Eine Anforderung lautet daher, verschiedene Datenquellen jeweils aktuell zu halten und zu synchronisieren. „In diesem Zusammenhang ist etwa der Digitale Zwilling ein geeignetes Mittel, um verschiedene Szenarien durchzuspielen.“ In seiner Keynote anlässlich des Automations-Kongresses 2021 wird er unter anderem auf das Projekt SPAICER (Skalierbare adaptive Produktionssysteme durch KI-basierte Resilienzoptimierung) eingehen, das als Leuchtturmprojekt aus dem KI-Innovationswettbewerb „Künstliche Intelligenz als Treiber für volkswirtschaftlich relevante Ökosysteme“ hervorgegangen ist.
 

Forschungsprojekt zu proaktivem Handeln

An SPAICER sind neben dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) als Konsortialführer das Werkzeugmaschinenlabor (WZL) an der RWTH Aachen, das Institut für Technologie- und Innovationsmanagement der RWTH Aachen, die Universität des Saarlandes, die Universität Freiburg, die Technische Universität Darmstadt, die Otto Beisheim School of Management (WHU), deZem, Feintool, SAP, SCHOTT, SEITEC und SENSEERING beteiligt. Über 40 assoziierte Partner unterstützen das Projektkonsortium, um KI-basierte Instrumente zur Steigerung der Resilienz von Unternehmen zu entwickeln. Das Ziel: Anhand in Echtzeit vorliegender Daten und Informationen soll das Datensystem mit Methoden künstlicher Intelligenz und maschineller Lernverfahren mögliche Störungen klassifizieren und passende Maßnahmen empfehlen. Die Algorithmen berechnen konkrete Lösungsvorschläge, die die Plattform an den Unternehmer weitergibt, zum Beispiel welche Ersatzteile zu ordern sind, oder frühzeitig alternative Lieferanten anzufragen. SPAICER soll damit Unternehmen in die Lage versetzen, vorausschauender handeln zu können.

Neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln

Industrie 4.0 führt zu einem erheblichen Komplexitätszuwachs in der Produktion. Deshalb wird Resilienz-Management zu einem unabdingbaren Erfolgsfaktor in Produktionsunternehmen. Dabei gehe es nicht – etwa im Sinne einer Predictive Maintenance – nur darum, mögliche Ausfälle durch Vorhersagemodelle zu vermeiden, erklärt Prof. Piller: „Die Zielsetzung lautet, durch die Gegenreaktion auf mögliche Störquellen nicht nur den aktuellen Status quo zu sichern, sondern in der Produktion dauerhaft auf eine höhere Ebene der Resilienz zu kommen. Das resilienteste Unternehmen ist schließlich das, das gar keine Störungen und Krisen mehr kennt.“ Das schafft wiederum die Basis für neue digitale Geschäftsmodelle, beispielsweise bei der Flexibilisierung der Fertigung mit noch variantenreicheren Produkten. „Resilienz hilft, Chancen zu erkennen und Automation noch leistungsstärker und flexibler auszurichten“, erklärt Prof. Piller weiter. Somit sei die Resilienzfähigkeit unmittelbar entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.