Prof. Dr. rer. nat. Michael Schreckenberg, Professor für Physik von Transport und Verkehr an der Universität Duisburg-Essen ist ein renommierter Experte auf dem Gebiet der Verkehrsdynamik und verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Verkehrs- und Baustellenplanung. Seine Forschung konzentriert sich auf die Optimierung von Verkehrsströmen und die Anwendung moderner, wissenschaftlicher Methoden zur Stauvermeidung.
„Intelligente Verkehrssteuerung: Chancen für fließenden Verkehr“
Wie können wir den zunehmenden Verkehr auf unseren Straßen besser bewältigen? Intelligente Verkehrssteuerung und innovative Planung bieten neue Möglichkeiten, Engpässe zu reduzieren und den Verkehrsfluss zu verbessern.
Im Gespräch mit Michael Schreckenberg, einem erfahrenen Experten für Verkehrsdynamik, werfen wir einen Blick auf die Rolle moderner Technologien, die Optimierung von Baustellenmanagement und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Er erläutert, wie kluge Strategien und vorausschauende Planung zu einer effizienteren und stabileren Mobilität beitragen können.
„Mit intelligenter Verkehrsführung in die Mobilität der Zukunft“
Der Verkehr auf unseren Straßen wird immer dichter, und die Anforderungen an Mobilität wachsen. Moderne Technologien und vorausschauende Planungen bieten jedoch vielversprechende Ansätze, um den Verkehrsfluss zu optimieren und Engpässe zu vermeiden.
In diesem Interview sprechen wir mit Michael Schreckenberg, einem Experten für Verkehrsplanung, über intelligente Verkehrsführung, effiziente Baustellenstrategien und den Beitrag Künstlicher Intelligenz zur Verkehrsentlastung. Er zeigt auf, wie innovative Ansätze und gute Planung zu einer nachhaltigeren und effizienteren Mobilität führen können.
Inwieweit kann eine intelligente Verkehrsführung den Verkehr entlasten?
Eine intelligente Verkehrsführung sollte die vorhandenen infrastrukturellen Ressourcen gleichmäßig und optimiert ausnutzen. Dies kann durchaus zum Nachteil einzelner Verkehrsteilnehmer führen. Allerdings befindet man sich hier immer im Wettstreit mit den Navigationsgeräten, die sich einer zentralen Steuerung entziehen. Es kann also nur das Ziel sein, die Verkehrsführung möglichst stabil gegen Störungen zu planen, um den Verkehrsfluss nicht zu sehr zu beeinflussen. Dabei befindet sich die Verkehrsdynamik häufig an einem kritischen Punkt, wo eben Kleinigkeiten eine wesentliche Rolle spielen. Der einzelne Verkehrsteilnehmer kann die Zusammenhänge nicht überschauen, aber der Betreiber hat im besten Fall alle verfügbaren Informationen, Steuermechanismen und vor allem Kommunikationswege zur Hand und kann entsprechend reagieren. Künstliche Intelligenz kann hier in der Zukunft eine wertvolle Hilfe sein.
Wie könnten Abstimmungsprozesse optimiert werden?
Die Rolle und die Bedeutung von Abstimmungsprozessen werden in vielen Fällen leider immer noch unterschätzt. Dabei gelten eigentlich wie überall die Grundregeln für solche Prozesse: Sie müssen transparent sowie einfach nachvollziehbar sein und klare Zeitvorgaben hinterlegen. Aber es muss eben auch, und das wird häufig vergessen, einen Plan B geben, falls die Vorgaben im ersten Durchlauf, warum auch immer, nicht eigehalten werden. Dabei hilft eine nachvollziehbare Risikoabschätzung, die auf Erfahrungsdaten und entsprechenden Algorithmen beruht. Vieles davon kann heute einfach automatisiert werden durch Auswertung von verfügbarem Datenmaterial und Recherche ähnlich gelagerter Szenarien. Die Wissenschaft der Resilienz steht aber eigentlich gerade erst am Anfang, liefert aber doch schon Handreichungen für den Erhalt der Stabilität eingeschränkter Netzwerke.
Wie geht das europäische Ausland mit der Verkehrsplanung auf Baustellen um und was können wir von unseren Nachbarn lernen?
Es wird wahrscheinlich immer ein Land auf der Erde geben, das eine Baumaßnahme im Verkehr gerade besser oder effizienter, in Bezug auf was auch immer, durchführt als das in Deutschland der Fall ist. Dabei fallen immer wieder die gleichen Ländernamen. Beispiel Niederlande: dort werden Baustellen häufig rund um die Uhr bei entsprechender Sicherheit durch unübersehbare Beschilderung und vor allem gute Beleuchtung durchgeführt. Zudem werden dort kleine Brücken nach dem „Lego-Prinzip“ aus Fertigteilen vor Ort nur noch zusammengesetzt, was Bauzeiten deutlich verkürzt. In den Niederlanden sind die Autobahnen allerdings auch besonders wichtig, da es eigentlich kein belastbares nachgeordnetes Straßennetz gibt. In Skandinavien werden Planungen langfristig koordiniert, um besondere Engpässe zu vermeiden. Ebenso sind dort Baustellen mit umweltfreundlichen Bauverfahren besser zu vermitteln und für die Bevölkerung eher zu akzeptieren.
Vollsperrung oder Teilsperrung und Fließen des Verkehrs – wann ist welche Maßnahme sinnvoll?
Diese Frage wird immer wieder gerne diskutiert und im Einzelfall analysiert. Eine generelle Antwort gibt es nicht, obwohl man aus Sicht des Verkehrsflusses mit den durch die Maßnahme jeweils verursachten Zeitverlusten einen zahlenmäßigen Vergleich anstellen könnte. Doch bekannte Beispiele zeigen, dass selbst ein solcher Vergleich am Ende hinkt, da die Reaktion der Verkehrsteilnehmer nur schwerlich einigermaßen präzise vorhergesagt werden kann. Bei einer Vollsperrung als radikaler Lösung sollten auf jeden Fall strikt Grundregeln eingehalten werden (können), sonst sind die Konsequenzen nicht mehr abzusehen. Wichtig ist daher ein (relativ) kurzer, überschaubarer und einzuhaltender Zeitraum, möglichst in verkehrsarmer Zeit (Ferien), das Angebot von Alternativen und Abstimmung mit den dazugehörigen Betreibern, sowie, ganz wichtig, umfassende Information und Kommunikation in Richtung der betroffenen Verkehrsteilnehmer.
Was müsste bestenfalls für Verkehrsphasen und Verkehrsführungsphasen beachtet werden?
Verkehrsführungsphasen sollten auf jeden Fall flexibel gestaltet werden können, immer in Abhängigkeit von den jeweiligen Anforderungen. Dazu sind aktuelle Datenerhebungen und entsprechende Algorithmen notwendig, die schnell Hinweise geben können und/oder auch automatisiert agieren. Es ist insbesondere darauf zu achten, die Todphasen zu minimieren, indem weniger Wechsel stattfinden. Hier ist eine Abwägung in Bezug auf noch vertretbare Verlustzeiten einzelner Verkehrsteilnehmer anzuraten. Dabei ist insbesondere auf lokale Randbedingungen Rücksicht zu nehmen und im besten Fall kurzfristig nachzubessern. Eine ständige und klare Kontrolle ist mit heutiger Technik eigentlich kein Problem mehr, sie muss aber verfügbar sein. Dabei ist natürlich abzuwägen, ob der Aufwand dafür angemessen ist. Genauso ist jedoch die Sicht der Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen.
Inwieweit kann eine vorausschauende Planung zu weniger Verkehrseinschränkungen führen?
Vorausschauende Planung bedeutet nicht nur, die Prozesse untereinander abzustimmen und zu optimieren, sondern auch, Risiken mit einzubeziehen. Gerade heute ist aufgrund der möglichen starken Wetterumschwünge mit teilweise drastischen Auswirkungen besonderes Augenmerk auf die Sicherheit und möglichst den Erhalt der Verkehrsleistung zu richten. Hier spielt wiederum die Kommunikation eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Planungen transparent zu vermitteln und eben auch auf etwaige Einschränkungen einzugehen. Ganz kann man diese üblicherweise nicht verhindern, aber die Auswirkungen mildern und einigermaßen planbar machen. Im Hintergrund bleiben natürlich die Planungen für die Verfügbarkeit von Personen, Maschinen und Material als Grundvoraussetzung bestehen. Hier muss natürlich dafür gesorgt werden, dass es ein haltbares realistisches Zeitschema gibt.
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