„Einheitliche Standards für Sicherheit, Prüfung und Validierung definieren“

Auf dem Weg zur digitalen Homologation: Zukünftige Verifizierungs- und Validierungsstrategien werden sich um virtuelle Simulationsumgebungen drehen, die reale Szenarien mit Präzision nachbilden können. Davon zeigt sich Intakhab Khan, Gründer und Geschäftsführer der Automotive Artificial Intelligence (AAI) GmbH, Berlin, überzeugt. Im Rahmen der ELIV 2024 wird er über das Thema sprechen. Vorab haben wir ihn interviewt.
 

Was sind die Hauptvorteile der AAI Tool-Suite?

Intakhab Khan: Die AAI Tool-Suite bietet OEMs einen entscheidenden Vorteil bei der virtuellen Homologation, indem sie eine schnellere und zuverlässigere Validierung von automatisierten Fahrsystemen (ADS) ermöglicht. Sie bietet eine umfassende Validierung der Sicherheit durch integrierte Gefahranalyse und Risikobewertung (HARA), Szenariengenerierung und ODD-Management (Operational Design Domain).

Darüber hinaus bietet unsere neuronale Netzwerkanalyse tiefe Einblicke in das Verhalten von KI in kritischen Situationen, was für die Sicherheit unerlässlich ist. Wir legen auch Wert auf die Einhaltung von Sicherheitsstandards wie ISO 26262 und ISO/PAS 21448 (SOTIF), die für die Gewährleistung der Sicherheit der automatisierten Fahrsysteme (ADS) von entscheidender Bedeutung sind.

Zu guter Letzt integriert unsere Tool-Suite die Standards der Object Management Group (OMG), was die Rationalisierung von Arbeitsabläufen und die effiziente Verwaltung der Dokumentation für behördliche Genehmigungen erleichtert. Diese Merkmale machen die AAI Tool-Suite zu einer leistungsstarken Lösung für OEMs, die ihre automatisierten Fahrsysteme zuverlässig und effizient validieren möchten.
 

Welche Schritte auf dem Weg zur digitalen Homologation sind als nächstes erforderlich?

Intakhab Khan: Die nächsten Schritte umfassen die Ausweitung der AAI Tool-Suite auf weitere OEMs und Aufsichtsbehörden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir weiterhin mit den Interessengruppen zusammenarbeiten, um die Tools im Einklang mit den zunehmenden regulatorischen Anforderungen zu verfeinern, insbesondere wenn wir uns in Richtung fortgeschrittener automatisierter Fahrsysteme wie Level 4 und 5 bewegen.

Darüber hinaus wird die Weiterentwicklung unserer Fähigkeiten zur Szenarioanalyse sicherstellen, dass die Suite auch weiterhin umfassend auf die Herausforderungen des realen Fahrens eingeht.
 

Was sind Ihrer Meinung nach derzeit (noch) die größten Herausforderungen für eine breite Nutzbarkeit?

Intakhab Khan: Aus meiner Sicht stehen wir drei zentralen Herausforderungen gegenüber:

Eine davon ist die Notwendigkeit einer stärkeren Standardisierung von Szenarien und Datenformaten in der gesamten Branche. Diese Standardisierung ist für eine effiziente Szenarioanalyse und -validierung unerlässlich, und das Erreichen von mehr Konsistenz wird dazu beitragen, die Lösung über verschiedene OEMs hinweg zu skalieren.

Ein weiterer Bereich ist die Echtzeit-Datenintegration. Mit der Weiterentwicklung automatisierter Fahrsysteme wird der Umgang mit Echtzeitdaten und die Bewältigung komplexer Edge-Case-Szenarien in großem Maßstab immer anspruchsvoller.

Nicht zuletzt wirft die Harmonisierung der Rechtsvorschriften in den verschiedenen Märkten und Regionen einige Schwierigkeiten auf. Jeder Markt hat seine eigenen spezifischen Anforderungen, was die Entwicklungs- und Validierungsprozesse verlangsamt.
 

Wie könnten Ihrer Meinung nach optimierte Verifizierungs- und Validierungsstrategien in Zukunft aussehen?

Intakhab Khan: Ich glaube, dass sich zukünftige Verifizierungs- und Validierungsstrategien um hochentwickelte virtuelle Simulationsumgebungen drehen werden, die reale Szenarien mit unglaublicher Präzision nachbilden können. Diese Simulationen werden für das Testen komplexer Szenarien unerlässlich sein, die in der Realität möglicherweise nicht nachgebildet werden können.

Zu den zukünftigen Strategien könnte auch die kontinuierliche Überwachung der eingesetzten ADS-Systeme während des Betriebs zählen. Durch die Rückspeisung von Daten aus der realen Welt in die Validierungsschleife werden wir in der Lage sein, die Sicherheit und Leistung dieser Systeme im Laufe der Zeit zu verbessern.

Ein weiterer wichtiger Baustein wird der Einsatz von KI-gesteuerter Szenariogenerierung und die automatisierte Erstellung von Testfällen auf der Grundlage von realen Betriebsdaten werden.

Dadurch wird der Validierungsprozess erheblich schneller und effizienter und gleichzeitig wird sichergestellt, dass die Systeme unter einer Vielzahl von Bedingungen getestet werden.
 

Wie verbessert die Integration von OMG-Standards das Design und den Betrieb von ADS?

Intakhab Khan: Die Integration von OMG-Standards gewährleistet die Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen und Tools, sodass OEMs die Suite leichter in ihre bestehenden Workflows integrieren können. Sie garantiert auch die vollständige Rückverfolgbarkeit von den Systemanforderungen bis hin zur Implementierung und Validierung und verbessert so die Integrität des Designs.

Darüber hinaus helfen OMG-Standards dabei, die Tools an die bewährten Verfahren der Branche anzupassen, und gewährleisten so die Einheitlichkeit in verschiedenen Aspekten der ADS-Entwicklung und des ADS-Betriebs.
 

Wie stellt die AAI Tool-Suite sicher, dass ADS die Normen ISO 26262 und ISO/PAS 21448 (SOTIF) erfüllt?

Intakhab Khan: Die AAI-Tool-Suite erfüllt die Anforderungen der Normen ISO 26262 und ISO/PAS 21448 (SOTIF) und ermöglicht somit, dass Gefahren identifiziert, Risiken bewertet und Sicherheitsmaßnahmen frühzeitig im Designprozess umgesetzt werden.

Das HARA-Modul und das Szenarioanalyse-Tool der Suite sind speziell auf die funktionale Sicherheit und die Sicherheit der beabsichtigten Funktionalität ausgelegt und stellen sicher, dass ADS-Systeme während ihres gesamten Lebenszyklus den neuesten Sicherheitsstandards für Kraftfahrzeuge entsprechen.
 

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation in Bezug auf die regulatorischen Anforderungen und was würden Sie sich wünschen?

Intakhab Khan: Die regulatorischen Anforderungen für ADS entwickeln sich weiter, aber es besteht Bedarf an einer stärkeren globalen Harmonisierung. Dies würde die Entwicklungs- und Validierungsbemühungen für OEMs, die auf unterschiedlichen Märkten tätig sind, optimieren.

Ich würde eine engere Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörden und der Automobilindustrie begrüßen, um einheitliche Standards für die Sicherheit, Prüfung und Validierung von ADS festzulegen. Außerdem sollten virtuelle Homologationsprozesse stärker in den Vordergrund gerückt werden, um die Zeit und die Kosten für die Einführung sicherer, autonomer Systeme auf der Straße zu reduzieren.
 

Welche Erwartungen haben Sie allgemein an die ELIV 2024 und die Automotive Trend Session zum Thema digitale Homologation?

Intakhab Khan: Unsere Erwartungen an die ELIV 2024 und die Automotive Trend Session zur digitalen Homologation sind hoch. Wir glauben, dass diese Veranstaltung ein entscheidender Meilenstein für die Förderung von Diskussionen rund um die Digitalisierung der Sicherheitsvalidierung in der Automobilindustrie sein wird.

Wir sind besonders gespannt, wie Branchenführer und Innovatoren zusammenkommen, um neue Lösungen für die virtuelle Homologation zu erkunden und die Genehmigungsprozesse für automatisierte Fahrsysteme zu beschleunigen. Angesichts der rasanten Entwicklung von ADS-Technologien wird die digitale Homologation immer wichtiger, damit die Sicherheits- und Leistungsstandards effizient und konsistent erfüllt werden.

Wir sind zuversichtlich, dass diese Veranstaltung die Kooperation zwischen OEMs, Zulieferern und Regulierungsbehörden anregen und die Branche zu einheitlicheren digitalen Standards und optimierten Prozessen führen kann. Darüber hinaus freuen wir uns darauf, unsere eigenen Innovationen zu teilen und von anderen zu lernen, wie digitale Tools und virtuelle Umgebungen die Automobilbranche in Bezug auf Sicherheit und Compliance weiter verändern können.

Über den Interviewpartner:

Quelle: Automotive Artificial Intelligence (AAI) GmbH

Intakhab Khan ist Gründer und Geschäftsführer der Automotive Artificial Intelligence (AAI) Gmbh, Berlin. Beim Internationalen VDI-Kongress ELIV 2024 spricht er über zukünftige Verifizierungs- und Validierungsstrategien.