Mann sitzt am Laptop.

03.03.2021

Digitale Weiterbildung: Nur ein Corona-Phänomen?

Digitale Weiterbildung ist nicht erst seit Corona ein Trend – wurde aber in Zeiten, da „Abstand wahren“ das Gebot der Stunde ist, definitiv befeuert. Auch in der Ingenieursbranche bewirkten diese Veränderungen ein Umdenken. Laut einer Umfrage des VDI Wissensforums geben 55 Prozent der befragten Ingenieure an, bedingt durch Corona mehr digitale Weiterbildungen nutzen zu wollen.[1] Sie sehen aber ebenfalls, dass sich Präsenzveranstaltungen und digitale Angebote nicht vergleichen lassen (38 Prozent). Und das ist auch gut so: Um die Potenziale des Formats umfassend zu nutzen, muss sich digitale Weiterbildung – nicht nur im Kanal – von Präsenzveranstaltungen unterscheiden.

Digitale Lernformate gibt es in großer Vielfalt – nun geht es darum, ihre jeweiligen Vorteile zu erkennen. Gefragt sind didaktische Konzepte, die konsequent die Möglichkeiten der digitalen Welt nutzen und echte Interaktion ermöglichen. Native digitale Lernformate überzeugen durch Mehrwerte – auch bei Teilnehmern, die bislang wenig Erfahrungen mit dem Lernen per Internet gemacht haben. „Auch Themen wie Kommunikation, Präsentieren und Moderieren und Konflikte managen können in den Grundlagen digital problemlos behandelt werden“, unterstreicht Dirk Nagels von der INMAS GmbH, Institut für Normenmanagement und Referent beim VDI Wissensforum.

Spielerisch das eigene Wissen erweitern

Digitale Weiterbildung verbinden viele im ersten Moment mit selbstständigem Lernen im stillen Kämmerlein. Der Teilnehmer kann dabei die Inhalte unabhängig von Zeit und Ort abrufen, klickt sich eigenständig durch und bestimmt somit selbst das Lerntempo. Hört sich erst einmal langweilig an? Muss es aber nicht sein. Durch verschiedene didaktische Ansätze können Teilnehmer ihr Wissen selbstständig und dennoch spielerisch und interaktiv erweitern. Ein Beispiel wäre das Schlüpfen in neue Berufsrollen, wie auch bei dem sogenannten „Technical Online Course“ des VDI Wissensforums.

Bei dieser Simulation kann der Teilnehmer beispielsweise als Projektleiter ein ganzheitliches Software-Projekt begleiten oder den Wechsel zum Vorgesetzten üben. Der Mehrwert: Keine echten Konsequenzen oder Risiken, aber echte Erfahrung. Auf diesem Weg kann zudem komplexes technisches Wissen anschaulich und praxisnah vermittelt werden. Ein Ansatz, der sich also nicht nur an die „Generation Gaming“ richtet, sondern das digitale Weiterbildungsangebot sinnvoll ergänzt. Nagels unterstreicht: „Durch neueste Technologie kommt das Zwischenmenschliche, dass auch bei Soft-Skill-Weiterbildungen immens wichtig ist, nicht zu kurz.“ Lernen ist besonders erfolgreich in emotionaler Umgebung, macht Nagels weiter deutlich: „Mit den Stories unserer Onlinekurse begibt sich der Teilnehmer in die Welt eines Abenteuers. Interaktive Unterstützung und intuitive methodische Bedienung aktivieren das Lernen in der für den Nutzer selbst gewählten Geschwindigkeit.“

Netzwerken – auch digital

Insbesondere Konferenzen und Tagungen leben von einem aktiven Austausch miteinander und dem Ausbau des eigenen Netzwerks. Wenn es um den Meinungs- und Erfahrungsaustausch aus der Berufspraxis geht, braucht es also Interaktion. Digitale Interaktivität bedeutet aber nicht nur, dass nach einem Live-Vortrag eine kleine Fragerunde stattfindet. Sie umfasst auch Aufgaben, Diskussionen und die Einbindung von Teilnehmern in die Weiterbildung. So kann das Gelernte direkt umgesetzt oder diskutiert und somit tiefer verankert werden. Auch virtuelle Ausstellungen können neue Wege der Interaktion und des Netzwerkens eröffnen.

Das VDI Wissensforum etwa hat bei der Erarbeitung neuer digitaler Möglichkeiten ein besonderes Augenmerk auf die Kombination aus Wissensvermittlung und Interaktion gelegt. So wechseln sich bei Fachkonferenzen Vorträge mit Diskussionsformaten wie Online-World-Cafés und Roundtables ab. Bleibt dabei das Netzwerken auf der Strecke? Auch dafür gibt es Lösungen: Um den gegenseitigen Austausch und das Knüpfen neuer Kontakte zu ermöglichen, werden unter anderem Gruppenchats, Video-Calls oder auch digitale Pinnwände für Visitenkarten angeboten. Ebenso wird bei Online-Seminaren Wert auf Interaktion gelegt – mit praxisnahen Inhalten und abwechslungsreichen Theorie- und Interaktionsblöcken.

Nach Corona ist Schluss?

Sollte digitale Weiterbildung also nur ein Corona-Phänomen sein? Nein, denn gerade durch die vielseitigen Angebote mit unterschiedlichen Ansätzen können Wissbegierige ihren individuellen Lehrplan aufstellen. Richtig umgesetzt, wird digitale Weiterbildung die Präsenzkultur demnach dauerhaft ergänzen.

[1] Die Online-Umfrage „Corona und die Ingenieursbranche 2021“ wurde mit 836 Teilnehmern vom 11. – 27. November 2020 vom VDI Wissensforum durchgeführt.