BIM-Strategie der Deutschen Bahn AG und der BIM-Anwendungsfall „Digitale Bau- und Inbetriebnahmeakte“
Bei der Inbetriebnahme des Teilprojekts NBS Stuttgart-Ulm am 11. Dezember 2022 wurde deutlich, dass die Einführung von Innovationen in Form einer digitalen Dokumentation während der Planungs- und Ausführungsphase die Qualität und Vollständigkeit der Dokumentation für die spätere Inbetriebnahmephase eines Projekts verbessern würde. Die BIM-Methodik erkennt und unterstützt diese Vorteile mit dem Anwendungsfall "Digitale Bau- und Inbetriebnahmeakte". Allein für den Albvorlandtunnel waren im Rohbau 25.000 Einzeldokumente aus zwölf verschiedenen Prozessen und von mehr als sechs Projektpartnern, vom Planer über den Genehmiger bis hin zum Bauüberwacher und Projektkontrolleur, erforderlich, um ein Inbetriebnahmedossier des Tunnels gemäß den Genehmigungsverfahren der Eisenbahn Inbetriebnahme Genehmigung Verordnung (EIGV) erfolgreich abzuschließen. Ein "Umdenken" und eine Überarbeitung der Bahn- und Projektprozesse für die Inbetriebnahme im Hinblick auf die BIM-Methodik und deren Aufnahme in die "Auftraggeber-Informations-Anforderungen" zusammen mit dem semantischen Objektmodell¹ als Ausschreibungs-unterlagen sollte daher für zukünftige Projekte, bei denen die Dokumentation für die Inbetriebnahme komplex, umfangreich und mit vielen Schnittstellen verbunden ist, in Betracht gezogen werden.
Dieses Ziel hat sich auch das Vorstandsressort Infrastruktur der Deutsche Bahn AG mit der ersten Fortschreibung der „BIM-Strategie“ gesetzt. Zunächst wird darin ein Resümee der bisherigen BIM-Fähigkeiten gezogen und ein Einblick auf die weiteren Schritte zur Implementierung der BIM-Methodik gegeben. Dabei wird der Schwerpunkt vor allem auf die Standardisierung und Einbindung der bisherigen Erfahrungen der BIM-Anwendungen in der Planungsphase gelegt. Für die Übergabe der Daten und Informationen aus dem Projektmanagement an das Anlagenmanagement werden Prozesse entwickelt und pilotiert. Im Zusammenhang damit wurde von der Abteilung „Grundsätze und Entwicklung BIM“ für die gesamtheitliche BIM-Anwendung während der Bauausführung das Programm BIM2Build gegründet. Zu den Tätigkeiten gehören die Weiterentwicklung der BIM-Standards unter Berücksichtigung der aufkommenden Erkenntnisse und die Unterstützung der Pilotprojekte. (BIM-Strategie – Implementierung von Building Information Modeling (BIM) im Vorstandsressort Infrastruktur der Deutschen Bahn AG, 02/2022)
Einer der entwickelten BIM-Anwendungsfälle für die Schnittstelle zwischen Bauen, Inbetriebnahmegenehmigung und Betrieb ist bei der DB Netz die „Digitale Bau- und Inbetriebnahmeakte“. Die digitale Akte baut sich aus allen relevanten Daten und Dokumente auf, die in den bisherigen Leistungsphasen der Planung und Ausführung sowie Genehmigung entstanden sind und wird mit zusätzlichen Informationen, die für den Betrieb, Wartung und Instandhaltung notwendig sind, erweitert. Die Unterlagen werden mit den zugehörigen Modellelementen in dem „As-built Modell“ verknüpft. Dabei sind vom Auftraggeber geeignete Strukturen des Ablagesystems vorzugeben unter Berücksichtigung der anzuwendenden Richtlinien.
Bei der DB Station&Service AG wurden die Vorgaben in zwei Anwendungsfälle unterschieden – „Digitale Übergabe von Bauteilinformationen in den Betrieb“ sowie „Digitale Übergabe der Projektdokumentationen in den Betrieb“. Die Anwendungsfälle differenzieren zwischen Informationen, die als anlagenspezifische Eigenschaft im Modell ergänzt werden und den notwendigen Dokumenten gemäß der Ablagestruktur für Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen (EIU). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht alle betriebsrelevanten Informationen und Unterlagen auch für die Dokumentation der Inbetriebnahme notwendig sind.
Anwendung der BIM-Methodik im PFA 1.3a - Flughafenanbindung
Im Zuge des Großprojekts Stuttgart 21 wird im Abschnitt der Flughafenanbindung ein neuer unterirdischer Fern- und Regionalbahnhof geplant. Der Planungsumfang beinhaltet ein zentrales Empfangsgebäude mit einem nach unten führenden zylindrischen Zugangsschacht zu der Bahnsteigebene und dem Zugang Ost zur Anbindung der umliegenden Bürogebäude, Parkhäuser und den neuen Stuttgart Airport Busterminals. Die Bahnsteigebene befindet sich in zwei separaten Tunnelröhren, die mit Querschlägen als Verbindungstunnel miteinander verbunden sind. Um im Brandfall die Entrauchung der Bahnsteigröhren zu gewährleisten, wird ein zusätzliches Entrauchungsbauwerk geplant.