Bild mit Bauarbeiter

25.07.2016

Baukostenentwicklung in Deutschland – Treiber und Eindämmungsmaßnahmen

In deutschen Wachstumsregionen und Großstädten ist es ein bekanntes Problem: Es steht zu wenig Wohnraum zur Verfügung und wenn es welchen gibt, ist er zu teuer. Einsparpotenziale im Bereich Planen und Bauen gewinnen dadurch an Bedeutung. Die Baukostensenkungskommission hat Ende 2015 Ideen vorgelegt, Treibern der Baukosten effektiv entgegen zu wirken. Besonders das serielle Bauen rückt hierbei in den Fokus.

Entwicklung der Baukosten in Deutschland

Bei einem näheren Blick auf die Baukostenentwicklung der letzten Jahre in Deutschland fällt auf: Die Entwicklung der Baupreise verläuft zyklisch, und zwar relativ parallel zur allgemeinen konjunkturellen Entwicklung. Die Kostensteigerung, die ein Aufschwung mit sich bringt, geben Bauunternehmen dann auch für gewöhnlich an ihre Kunden weiter.

Die Zahlen belegen jedoch auch, dass der Anstieg der Baupreise während eines Aufschwungs regelmäßig stärker ausfällt als der Anstieg der allgemeinen Preise. Abbildung 1 zeigt deutlich: Baukosten und Preisindex des BIP entwickeln sich seit 1960 auffallend parallel zueinander.

 Grafik zu Baukosten und Preisindex
Grafik zur Preisentwicklung

Es lohnt sich jedoch auch ein Blick auf die einzelnen Kostengruppen, da diese doch zum Teil erhebliche Unterschiede in ihrer Entwicklung aufweisen:

Welche Aspekte die Baukostenentwicklung antreiben

Ein wesentlicher Treiber der Baukostenentwicklung in Deutschland besteht in den wachsenden Qualitäts- und Komfortanforderungen an Gebäude. Dieser „qualitative Effekt“ der Baukostensteigerung kann nur mithilfe eines neuen „Modells“ Berücksichtigung finden. Ein Beispiel dafür hat die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen entwickelt. Unter Einbeziehung der zusätzlichen Anforderungen an das Bauen ergibt sich eine zusätzliche Kostensteigerung von 9 %. Die neue Energieeinspar-Verordnung wird ab 2016 vermutlich erneut etwa 9 % Steigerung bewirken.

Ein zweiter entscheidender Kostenpunkt beim Thema Planen und Bauen besteht in der wachsenden Bedeutung der technischen Gebäudeausrüstung. Sie erfordert umfassendere Fachplanungen. Das treibt die Planungskosten natürlich weiter in die Höhe.

Mit welchen Maßnahmen sich Baukosten eindämmen lassen

Insgesamt lassen sich 4 Bereiche ausmachen, in denen erhebliche Einsparpotenziale im Hinblick auf Planen und Bauen bestehen:

  1. Die Gestaltung des Baukörpers und seiner Grundrisse
  2. Die Verbesserung der Prozessqualität beim Bauen
  3. Die Lebenszyklusbetrachtung von Wohnimmobilien
  4. Serielles Bauen

Ein Beispiel dafür, wie Baukörper und Grundriss zu optimieren sind, besteht in der Erhöhung der Flächeneffizienz. Durch eine reduzierte Gesamtfläche können die Gesamtbaukosten verringert werden. Auch der Verzicht auf kostenintensive Kellerräume kann erstaunliche Einsparpotenziale zu Tage fördern.

Durch integrierte Planung lässt sich auch beim Thema Prozessqualität beim Bauen einiges an Einsparungen herausholen. Dies setzt gut funktionierende Kommunikationsstrukturen zwischen den Projektbeteiligten voraus. Computergestützte Planungsmethoden bieten ebenso vielversprechende Möglichkeiten wie der Austausch von Gebäudeinformationen durch das Building Information Modeling (BIM).

Die Lebenszyklusbetrachtung von Wohnimmobilien kann ebenfalls lohnend sein. Hier kommt es in erster Linie darauf an, nicht länger Investitions- gegen Nutzungskosten auszuspielen. Ein solches Vorgehen vernachlässigt diverse Optimierungspotenziale, die die holistische Betrachtung der Lebenszykluskosten mit sich bringt.

Serielles Bauen als erhebliches Einsparpotenzial

Vor allem das serielle Bauen bietet vor dem Hintergrund der Baukostensenkung zahlreiche Möglichkeiten. Die industrielle Vorfertigung und Standarisierung von Einzelelementen, Einzelgruppen und ganzen Raummodulen bringt ganz unterschiedliche Einspareffekte mit sich:

  • kostengünstige Produktion der Fertigteile im Werk
  • kürzere Bauzeiten und vollständig entfallende Leerlaufzeiten
  • Beschränkung der Montage auf die Baustelle
  • sofortige Belastbarkeit der Bauteile nach Einbau
  • Unabhängigkeit der Produktion von Witterungsverhältnissen
  • Senkung der Personalkosten und somit auch der Baukosten

Wie hoch die entsprechenden Kosteneinsparungen dann letzten Endes ausfallen, hängt nichtsdestoweniger sehr stark vom jeweiligen Einzelprojekt ab. Produktionsform, Produkte und individuelle Rahmenbedingungen können hier zwar große Unterschiede bewirken. Die mittelbaren Kostenvorteile durch Bauzeitverkürzungen wirken jedoch in jedem Fall.

Problematisch bleibt, dass viele Bauherren die serielle Bauweise mit Stichwörtern wie Massenwohnungsbau, Großsiedlungen, Uniformität oder Monotonie abqualifizieren. Dabei bewirken standarisierte Elemente nicht zwangsläufig die Realisierung vollständig gleicher, einfach aneinandergereihter Konstruktionen.

Fazit und Ausblick

Aus ganz unterschiedlichen Gründen sind die Baukosten in den letzten Jahren stark gestiegen. Gezielt mit geringeren Baukosten auszukommen und gleichzeitig negative Auswirkungen auf die Folgekosten zu vermeiden ist daher ein wichtiges Arbeitsfeld der Baubranche. Auf Kellerräume zu verzichten kann ebenso effektiv sein, wie standarisierte Konstruktionen zu verwenden.

Wichtig ist nun: Die Branche sollte sich für die Chancen der digitalen Technologien sowie für das seriellen Bauen öffnen. Wenn außerdem „Planung“ und „Ausführung“ zusammen geführt werden, lassen sich enorme Einsparpotenziale freisetzen.

Autoren des Artikels

Prof. Dr.-Ing. Guido Spars, Leiter des Fachgebiets Ökonomie des Planens und Bauens, Bergische Universität Wuppertal

M.A. Architektin Olivera Obadovic, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Ökonomie des Planens und Bauens, Bergische Universität Wuppertal