Abb. 1: Interaktive Reparaturanleitung auf der Microsoft Hololens

4.08.2017

Augmented Reality für die digitale Zukunft der Industrie

Futuristisch anmutende Technologien wie Augmented und Mixed Reality zeigen am Anfang häufig nicht das volle Potenzial. Die Anwendungsmöglichkeiten für die Industrie werden erst in den Innovationsabteilungen als Prototypen getestet bevor es in Produktion, Instandhaltung und andere Bereiche geht. Kurz gesagt: Die Industrie wusste erstmal nichts anzufangen mit Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR) – insbesondere was die neuartigen Brillen angeht. Diese Zeiten sind nun vorbei. Was einmal Science-Fiction für Unternehmen war, ist der täglichen Realität bereits sehr nahegekommen. AR und MR sind mittlerweile nützliche Werkzeuge in der Industrie.

Ein Großteil des aktuellen Erfolgs von Augmented und Mixed Reality ist Microsofts Mixed-Reality-Brille Hololens zu verdanken. Keine andere Brille wurde derart schnell akzeptiert, nirgends gab es mehr Zustimmung was die Möglichkeiten angeht. Nicht nur Brillen wie die Hololens selbst haben AR und MR reif für die Industrie gemacht. Auch Smartphones und Tablets sind mittlerweile mit starker Prozessorleistung und präziser Sensorik ausgestattet, um Visualisierung auf hohem Niveau ermöglichen.

Jeden Tag werden neue Möglichkeiten für den Einsatz von Augmented und Mixed Reality für die Industrie entdeckt und es scheint noch bei Weitem kein Ende in Sicht zu sein. Gerade erst hat Apple sein ARKit veröffentlicht, mit dem Millionen von Entwicklern Apps für iPhone und iPad entwickeln können. Täglich kommen neue Anwendungen hinzu. Was zuerst auf dem Consumer-Markt entsteht wird sich rasend schnell auf den Industriesektor übertragen.

In der Industrie haben sich drei Einsatzgebiete herauskristallisiert, die besonders hohen Nutzen stiften. In Instandhaltung, Betrieb und Training sind Augmented und Mixed Reality auf dem besten Weg ein fester Bestandteil der täglichen Arbeit zu werden.

Wir schauen uns im Detail an, wie Augmented und Mixed Reality diese Bereiche optimieren und damit Unternehmen fit für das digitale Zeitalter machen.

Instandhaltung auf Knopfdruck per Echtzeit-Visualisierung

Wenn eine Maschine gewartet oder repariert werden musste, wurde bisher meist ein Techniker gerufen, da häufig das Spezialistenwissen fehlt. Dies ein enormer Kostenfaktor und es vergeht meist viel Zeit, bis der Techniker eintrifft. Dadurch stehen die Maschinen still, was wieder zu Umsatzverlusten oder Gewinneinbußen führt. Durch Augmented Reality können Wartungsarbeiten von den eigenen Mitarbeitern durchgeführt werden, ohne dass sie spezielle Fachkenntnisse über die Maschinen besitzen.

Abb. 2: Handbuch einer SIG Combibloc-Maschine mit Augmented Reality

Wenn ein Mitarbeiter vor einer Maschine steht, entweder mit dem iPad oder mit der Hololens, erscheinen die Anweisungen visuell auf der realen Maschine: die Arbeitsschritte werden direkt im Sichtfeld des Mitarbeiters angezeigt. Die einzelnen Arbeitsanweisungen können in einer Content-Plattform wie REFLEKT ONE erstellt werden, in dem vorhandene CAD-Daten und Medien genutzt werden. AR- und MR-Szenarien lassen sich so ohne Programmierung erstellen und jederzeit anpassen und ändern. Die leichte Bedienbarkeit mit Augmented und Mixed Reality bewirkt, dass Ausfallzeiten deutlich reduziert werden und die Qualität der Wartungs- und Reparaturberichte sich erheblich gesteigert werden können.

Abbildung 1 zeigt eine Wartungsanleitung für eine Vakuumpumpe von Leybold, einem Unternehmen der Atlas-Gruppe. Die Mitarbeiter werden per Hololens-Brille oder Tablet Schritt für Schritt durch die Anleitung für einen Filtertausch geführt. Leybold ist in der Lage seinen Kunden einen effizienten Service anzubieten und hat Augmented und Mixed Reality in die eigene Digitalisierungs-Strategie integriert.

Verständliche Anleitungen erleichtern den Betrieb komplexer Anlagen und Maschinen

Bei besonders komplexen Maschinen benötigen die Mitarbeiter oftmals noch das Handbuch, um die Maschine zu bedienen. Dabei geht viel Zeit durch Suchen nach der richtigen Information verloren. Mit Augmented und Mixed Reality werden Inhalte direkt auf die Maschine platziert, damit Mitarbeiter innerhalb Sekunden die richtigen Bedienelemente der Maschine finden. Langes Suchen gehört der Vergangenheit an: die Informationen werden positions- und maßstabsgerecht auf den realen Objekten angezeigt, die ebenfalls mit einer Plattform wir REFLEKT ONE erstellt werden können.

Abb. 3: PulsioFlexAR Trainings-Anwendung für den Medizingerätehersteller Getinge Pulsion

Das Besondere dabei: Die Handbücher müssen für Augmented und Mixed Reality nicht erneut erstellt werden – vorhandene Anleitungen können im Redaktionssystem und in REFLEKT ONE fit gemacht werden für AR und MR. Mittlerweile werden die üblichen CAD- und Medienformate der Handbücher problemlos übernommen – wie im abgebildeten Beispiel für eine Combibloc-Füllmaschine von SIG. Das Handbuch wird direkt auf der Maschine dargestellt und erleichtert dem Mitarbeiter die richtige Information schnell zu finden.  Auch hier profitieren Unternehmen von einer hohen Zeitersparnis, da ein Mitarbeiter nicht selbst im Handbuch suchen muss, welche Arbeitsschritte nacheinander zu leisten sind. Der Benutzer der Maschine wird per Augmented und Mixed Reality durch jeden Arbeitsschritt geführt, wodurch sich Fehlerquoten reduzieren lassen und sich die Qualität der Produkte erhöht.

Mehr Training mit weniger Aufwand durch interaktive Schulung auf AR-Brillen

Bei komplexen medizinischen Geräten muss das Krankenhaus- und Pflegepersonal ausreichend geschult werden, um im Notfall schnell helfen zu können. Vielfach sind Ärzte und Pflegepersonal nicht zur selben Zeit verfügbar oder werden durch Noteinsätze unterbrochen. Die Trainings sind mit hohen Kosten verbunden. Mit Hilfe von Augmented und Mixed Reality kommen wir dem digitalen Krankenhaus ein Stück näher. 

Die Trainingsanwendung PulsioFlexAR für den Medizingerätehersteller Getinge hat verschiedene Anwendungsszenarien in Form von virtuellen Trainings. Damit trainiert das Personal die verschiedenen Funktionen der Medizingeräte und weiß genau, was wann zum Einsatz kommt. Durch die Visualisierung der Trainingsinhalte auf dem PulsioFlex-Gerät verbessert sich der Lernprozess und damit auch die Verständlichkeit über die Nutzung.
Ärzte und Personal sind schneller einsatzbereit und sicherer im Umgang mit den komplexen Geräten.

Ausblick auf die Zukunft

Augmented und Mixed Reality werden immer mehr fester Bestandteil der Industrie und optimieren bestehende Prozesse. Natürlich muss dazu auch gesagt werden: Diese Technologie ist in der Industrie noch ganz frisch und daher bei Weitem nicht ausgereift. Es wird laufend an Funktionen verbessert, um das Potenzial mehr zu entfalten. Die AR- und MR-Brillen müssen die Inhalte noch sauberer darstellen können und die Batterielaufzeit muss auch der benötigten Einsatzdauer entsprechen. Daher sind Smartphones und Tablets als Tool für die Industrie die bisher einfachere Alternative.

Neben der Hardware ist vor allem die Erstellung der Inhalte entscheidend. Augmented und Mixed Reality muss sich einfach produzieren lassen und zwar direkt im Unternehmen, wo die Experten für die Inhalte zu finden sind. Vor hundert Jahren wurden die ersten Autos in Handarbeit produziert, heute wäre dies nicht mehr denkbar. Diese Denkweise wird sich auch bei AR und MR durchsetzen. Apple, Facebook, Google und Microsoft investieren genauso in den AR- und MR-Markt wie viele Startups, um die Technologien fit zu machen für die Industrie. Stellen Sie sich einfach vor, wie sehr diese Technologie ihren eigenen Geschäftsalltag begleiten und verändern wird.

Autor des Artikels

Dirk Schart ist Head of PR & Marketing bei der RE'FLEKT GmbH, einem der weltweit führenden Technologieunternehmen für Industrieanwendungen mit Augmented und Mixed Reality. Dirk ist international anerkannt als Experte für Augmented und Mixed Reality ist Co-Autor des top-gelisteten AR-Buches "Praxishandbuch Augmented Wirklichkeit". Dirk Schart befasst sich seit mehr als fünf Jahren mit Augmented-Reality-Brillen und intuitiven User Interfaces für Augmented und Mixed Reality.