Automation und Robotik für mehr Effizienz in der Landwirtschaft
VDI-Kongress ELIV MarketPlace diskutiert Technologien und Trends für Off-Highway-Anwendungen
Die global angespannte wirtschaftliche Lage, enorm steigende Energiepreise, der Ausfall der Ukraine als „Kornkammer Europas“: Unter besonderen Vorzeichen beschäftigt sich der 10. Internationale VDI-Kongress ELIV MarketPlace mit Off-Highway-Anwendungen und technologischen Trends. „Die aktuellen Entwicklungen erhöhen den Druck zusätzlich, noch mehr Effizienz in die Landwirtschaft zu bringen, um mit insgesamt weniger bewirtschafteten Flächen die weiterwachsende Weltbevölkerung ernähren zu können“, schildert Dr.-Ing. Carsten Hoff, Managing Director der CLAAS E-Systems GmbH und Mitglied des Programmausschusses Elektrik und Elektronik in mobilen Arbeitsmaschinen.
Gegen den Fachkräftemangel
Robotik, Automatisierung und elektronische Lösungen werden in Zukunft in der Agrartechnik eine immer wichtigere Rolle spielen. Oft werde dabei ein Aspekt zu wenig betrachtet, so Dr. Hoff weiter: „Technologien wie Robotik können in der Landwirtschaft dazu beitragen, der Herausforderung des Fachkräftemangels zu begegnen, insbesondere im saisonal gekennzeichneten Erntegeschäft.“ Dabei gehe es – anders als etwa im Pkw – um viel mehr als „nur“ den automatisierten Fahrprozess. „Mähdrescher sind heute mobile Fabriken. Lediglich 20 Prozent der Arbeit im Führerhaus betrifft hier das Fahren, 80 Prozent aber gelten dem Ernteprozess“, sagt Dr. Carsten Hoff. Die eigentliche Herausforderung der Robotik für Landmaschinen liegt somit in der prozessualen Optimierung sowie in der Umfelderkennung.
Schneller und effizienter ernten
Oft werde in der Praxis die installierte Maschinenleistung bezüglich der maximal möglichen stündlichen Erntemenge gar nicht erreicht. „Hunderte Parameter sind bei modernen Mähdreschern einzustellen. Hier können Assistenzsysteme dazu beitragen, automatisiert Einstellungen vorzunehmen und somit besser sowie schneller zu ernten“, erklärt Dr. Hoff weiter. So lassen sich beispielsweise Verluste verringern oder die Qualität des Erntegutes mit einem möglichst geringen Anteil an Bruchkorn bei Getreide verbessern. Klassische Sensoren, etwa die Kontrolle des Ernteguts per Kamera, spielen dabei ebenso eine Rolle wie LiDAR oder Radarsensoren.
Automatisch Energie einsparen
Automatisierung kann aber auch zu mehr Energieeffizienz und sparsameren Verbräuchen führen – ein wichtiges Zukunftsfeld für die Elektronik und intelligente Anwendungen in Off-Highway-Maschinen der Zukunft. Ein unabhängiger DLG-Test des CEMOS-Dialogsystems zum Beispiel hat gezeigt, dass eine Optimierung der Traktoreinstellungen zu Kraftstoffeinsparungen im zweistelligen Prozentbereich führt. Dr. Hoff: „Automatisierte System können das besser selbst als erfahrene Traktorfahrer.“
Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung
Neben allen Chancen verbinden sich mit der zunehmenden Digitalisierung in der Landtechnik aber auch verschiedene Herausforderungen. „Nicht zu unterschätzen sind in diesem Zusammenhang die Auswirkungen, die Staub auf dem Feld für die Sensoren haben kann“, betont Dr. Hoff. So würden beispielsweise Sensoren aus der Automobilelektronik manchmal nicht auf dem Feld funktionieren. Zudem seien gemischte Flotten üblich. Daher sind für digitale Lösungen herstellerübergreifende Ansätze gefragt, um eine einheitlich hohe Datenqualität und schnelle Datenflüsse zu ermöglichen. DataConnect zählt zu den Ansätzen der Hersteller. Denn Daten sind nur so hilfreich wie die Möglichkeiten, sie effektiv auszutauschen und nutzbar zu machen – angefangen mit Felddaten etwa aus dem Kataster der öffentlichen Verwaltung bis zu individuell gesammelten Informationen aus der laufenden Bewirtschaftung.
Daraus eröffnet die Digitalisierung zahlreiche neue Möglichkeiten: von einer optimierten, teilflächenspezifischen Düngung bis hin zu verschiedenen Dokumentationspflichten, um die der Landwirt automatisiert entlasten werden kann. „Automatisierung, Robotik und Digitalisierung dürften im Agrarbereich in den kommenden Jahren schnelle Fortschritte machen“, lautet der Ausblick von Dr. Hoff. Für genügend Gesprächsstoff zu Off-Highway-Anwendungen im Rahmen des VDI-Kongresses ELIV MarketPlace am 15. und 16. November 2022 in Baden-Baden dürfte somit gesorgt sein.